Immer wieder einmal werde ich gefragt, wie ich in den schlechten Jahren im Osten klarkam: Mit dem Wissen, nie mehr eine qualifizierte Arbeit tun zu dürfen, mit der Ungewissheit, ob es nicht statt in die Freiheit erstmal in den Knast gehen würde. Statt mit Schauspielern Theaterstücke zum Leben zu bringen jobbte ich als Kellner, meine Texte, von Hand niedergeschrieben, weil ich meine alte Reiseschreibmaschine verscherbeln musste, hatten keine Chance, je veröffentlicht zu werden.
Aber eben dieses hoffnungslose Schreiben nährte – wie auch die Lektüre z.B. von Saul Bellow, James Baldwin, García Marquez – die Hoffnung. Wie viele andere “Ausgereiste” machte ich im Westen die Erfahrung, dass meine Texte kaum jemanden interessierten. Wenige gut vernetzte, von den Medien pars pro toto in die erste Reihe gestellte Autoren des Ostens sind bis heute Feigenblätter überm Desinteresse an östlichen Konflikten und Biographien.
An den – inzwischen ein Vierteljahrhundert alten – Texten merke ich manchmal, wie ungelöst Konflikte, wie intransigent Grundhaltungen in meiner Biographie sind. “Gehört in ’ne Klapsmühle, der Typ”, kommentiert nicht nur der Kollege vom MfS 1987.
Abgesang
Heute will ich wieder trinken
und ich will die Schwäche feiern
dankbar lauschen, wie der Wind
wie der Regen niederprügelt
auf die brüchigen Fassaden
die für uns die Zuflucht sind.
Heute will ich wieder lachen
über alle Mauerbauer
über alle Pläneschmiede
über alle Großverdiener
und Versicherungsexperten
und die Heere ihrer Sklaven
denen ich als Narr erscheine
und ich will ihr Alptraum sein.
Will als Mehltau ihrer Wünsche
ihre Hoffnung Lügen strafen
und aus ehernen Tabellen
zitternde Fraktale treiben:
Alle Mauern werden fallen
Wind und Wolken werden bleiben.
JA.
Es gab keine Stellvertretung. Nur Unterstützung von Frauen, Freunden, Familie – und manchmal von ganz unverhoffter Seite.