Geschenke seien verkappte Tauschgeschäfte, meint sie, oder sie dienten dazu Abhängigkeiten zu schaffen, zu befestigen oder auszuweiten. Sie korrumpieren, meint sie. Dankbarkeit macht erpressbar.
Aber das hängt von den Zielen der Schenkenden ebenso ab wie von den Erwartungen der Beschenkten – oder?
Ich weiß es nicht. Ein noch so gut gemeintes Geschenk kann sich als Fluch für den Beschenkten erweisen – ein übler Bestechungsversuch als Glücksfall. Liebe, Vertrauen, Güte und Gnade lassen sich nicht berechnen wie Gewicht, Länge, elektrische Spannung oder Benzinverbrauch. Ihre Dimension ist die Zeit, nicht die Ticktack-Zeit der Uhren und Terminplaner. Die Lebenszeit, die Erinnerung, die unsere Seele zeichnet und befestigt wie die Jahresringe das Holz. Die Erinnerung an Weihnachten ist so ein Jahresring: „Fürchtet euch nicht“ heißt die Botschaft eines jeden Jahres. Sie ist keine Versicherung, nur Ausdruck einer Hoffnung, dass ein weiteres, gesegnetes Stück Leben beginnen kann. Sie mag unerfüllt bleiben, aber sie hat große Kunst hervorgebracht, sie hat getröstet und ermutigt. Mich jedenfalls. Ich weiß nicht, wie es Dir geht.
Ich weiß es auch nicht. Aber ich möchte auf das Weihnachtsoratorium so wenig verzichten wie auf all die anderen wundersamen Dinge, die mit Geld nicht zu bezahlen sind.
Die Sonne geht wieder schlafen
Fürs dunkle halbe Jahr
Der Nebel lümmelt am Fluss
Die Sonne sagt ich muss
Einmal krankfeiern dürfen
Vergessen, vergessen
Dass ich so lange und immer zu Fuß
Für euch am Himmel war.
Ich gab noch den Blättern die Farben
Aus Wolken wird mein Bett
Schreit nicht, es werde zu kalt
Bedenkt, ich bin schon alt
Sah Welten entstehen
Vergessen, vergessen
Wie Völker und Heere – es gab keinen Halt
Am eigenen Dasein starben.
Genießt eure künstlichen Monde
Es lohnt ein jedes Fest
Verbaumelt ruhig etwas Zeit
Die Zeit ist unser Kleid
Dessen Farben verblassen
Vergessen, vergessen
Viel zu geschwind – dann ist es soweit
Es hilft uns kein Attest.
Dann liegt auf gestorbenen Träumen
Ein Leichentuch aus Schnee.
Schon ist das Jahr vorbei
Und mit Lichtern und Lärmen
vergessen, vergessen
wir Winter und Trauer – wie tief sie auch sei
nichts dürfen wir versäumen.