Jubelstimmung

Rotkehlchen_korrJeden Jahres Wunder geschieht wieder: Das große Blühen beginnt, der Winter soll vergessen werden, die Straßencafés machen Geschäfte, nur fanatische Nichtraucher   haben etwas zu meckern. Die Leute könnten etwas über den Wert des Lebens lernen. Leider merken viele gar nicht, was.

Es sind die leisen Laute, die mich bannen
Ein unbezahlbar unbezahltes Lied
In fremder Sprache, nicht für mich bestimmt
Voll Inbrunst – weiß noch einer, was das ist?
Und nicht im Film, nicht mikrofonverstärkt
Nicht lichtumkränzt, nicht öffentlich beklatscht!
Es rührt ein Namenloser mir das Herz
So tief wie’s keine Macht der Welt vermöchte.
Er singt dem Schnee das letzte Lebewohl.
Er singt Triumph der Nacht, dem Frost, dem Tod.
Er singt die Liebe und ist liebeskrank
Und schreit sein winzigkleines warmes Leben
Mit aller Kraft in wintergraue Welten.
Und er beschämt mich tief
Den kohle-, stein- und stahlbewehrten Riesen.
Ich steh vorm frühlingslechzenden Gezweig
Und kann vom Federbalg den Blick nicht lassen
Wie er all Lust und Leid aus voller Kehle
So zu Musik macht, wie’s sonst keiner tut.

Alters Freuden

2012-07-02 13.04.19cut

Bild und Gedicht entstanden im Sommer 2012 am Bodensee. Da das Wetter gerade ordentlich kontrastiert, manches Mediengegacker auch, fand ich’s passend

Insektengleich such ich die letzten Strahlen

das Haar erbleicht, die Brillengläser dick

der Biss, verstärkt durch künstliche Gebilde

darf mühsam kaum den Pfeifenstengel halten:

Ich glaube, ich gehör jetzt zu den Alten.

 

Den Apfelsaft verbessre ich mit Gin

und freue mich, werd ich nicht drum gescholten

die Welt, die wir total verändern wollten.

Ich nehme sie normalerweise hin.

 

Trotzdem wüsst ich so gern noch manches besser

und freute mich am Wunder der Vernunft

stattdessen freu ich mich, muss ich nicht unters Messer

und meide gern die Apothekerzunft.

 

Ich freue mich an meiner Menschenferne

am Lauf des Mondes und am Sternenlicht

Börsen und Fußball int’ressiern mich nicht

doch hübsche junge Frauen seh ich gerne.

Dann freu ich mich, dass ich – der Balz enthoben –

mich ihnen in die Wäsche mogeln kann:

Ein Faun aus Spinnweb, ein vernetzter Mann

gedankenschnell in ihre Lust verwoben

freu mich, dass meine Phantasie nicht altern kann.