System

festung (20)Als der Ostblock wirtschaftlich und moralisch kollabierte, ein Reformer (der einzige) den Sturz des totalitären Sowjetimperialismus besiegelte, verfiel ein Ökonom im Westen auf die Idee, nun sei die Geschichte zu Ende, die beste aller möglichen Welten erreicht. Was für ein Schwachsinn.

 

 

Das egozentrische Weltsystem hat eine kalte Sonne
Den Lauf bestimmt ein Teufelskreis
Am Morgen Kind, am Abend Greis
Und zwischendurch sind wir im Gleis
Fühl ’n Schmerzen nicht noch Wonne.
Wir schau ’n auf das Zentralgestirn
Und werden blind dabei
Wir sind schon taub, sind noch nicht stumm
Anbetend kreisen wir und dumm
Um unseren Dutzendstern herum
Und kommen niemals frei.
Um diesen weißen Mittelpunkt
Da ist die Welt sehr leer
Da ist manch elend schwarzes Loch
Aus Angst und Lust, wir kreisen noch
Und finden uns nicht mehr.
Das egozentrische Weltsystem hat sieben harte Schalen
Darinnen sitzt ein Ich und friert
Im Frost und Frust, den’s selbst gebiert
Wenn’s auf die blanken Hüllen stiert
Und spiegelt seine Qualen.

16.7.1985

Herbstgesang

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Die Sonne geht wieder schlafen
Fürs dunkle halbe Jahr
Der Nebel lümmelt am Fluss
Die Sonne sagt: Ich muss
Einmal krankfeiern dürfen
Vergessen, vergessen
Dass ich so lange und immer zu Fuß
Für euch am Himmel war.

Ich geb noch den Blättern die Farben
Aus Wolken wird mein Bett
Schreit nicht, es werde zu kalt
Bedenkt, ich bin schon alt
Sah Welten entstehen
Vergessen, vergessen
Wie Völker und Heere – es gab keinen Halt
Am eigenen Dasein starben.

Genießt eure künstlichen Monde
Es lohnt ein jedes Fest
Verbaumelt ruhig etwas Zeit
Die Zeit ist unser Kleid
Dessen Farben verblassen
Vergessen, vergessen
Viel zu geschwind – dann ist es soweit
Es hilft uns kein Attest.

Dann liegt auf gestorbenen Träumen
Ein Leichentuch aus Schnee.
Schon ist das Jahr vorbei
Und mit Lichtern und Lärmen
vergessen, vergessen
wir Winter und Trauer – wie tief sie auch sei
nichts dürfen wir versäumen.

Gute Ausrede

Nebelleuchten

Nebelleuchten

An einem Tag wie heute stürze ich mich in Schneeweiß und Himmelblau. Ich steige auf den Merkur, hinaus aus dem frostigen Inversionsdunst, atme Frische und Ideen für viele trübe Wintertage. Unerfüllte und unerfüllbare Wünsche bleiben drunten im verhangenen Tal. Am Wegrand finden sich hundert Blicke ins Leben, beleuchtet und genährt von der Wintersonne auf moosigen Felsen. Stille ist, bis auf die Laute der Vögel, das Fallen der Tropfen von Brillantspitzen an Zweigen und Gestein.
Vielleicht sollte ich solche Sachen nicht schreiben – die Idylle streift gar zu leicht den Kitsch. Nehmen wir’s pragmatisch : Es ist Therapie nicht nur für meinen Tinnitus

Wo Funken sind, ist Hoffnung

Abendstimmung am Kurhaus

Kultur schafft Vertrauen

Das war eine seltsame Erfahrung am Sonntagabend: Zur zweiten Veranstaltung „Leben Lesen“ kamen viel weniger „Miterzähler“ als zum Sommerevent im August; vermutlich wird es diesmal auch kein Presseecho geben. Dennoch war die kleine Versammlung außergewöhnlich, anregend, reich an verschiedensten An- und Einsichten – niemand hätte es erwartet. Das lag zum einen an der Art, wie sich die erzählerische Improvisation entwickelte, zum anderen an den „Mitspielern“ selbst, deren Lebensgeschichten wahrhaftig um den Erdball reichen: eine Sängerin von den Philippinen, eine Germanistin französischer Herkunft, eine Wirtschaftsfachfrau aus China, eine Eventmanagerin aus Russland, eine deutsche Künstlerin, ein Ingenieurwissenschaftler, dazu ein Politiker mit rumäniendeutscher Jugend, ein Schriftsteller aus Zürich, ebenfalls in Rumänien geboren, ein deutscher Unternehmensberater, der gerade sein erstes Buch mit Lyrik und Aphorismen veröffentlicht hat …
„Herbstzeit – Lose: Schicksale, Wendungen, Ausblicke“ – dieser Titel stand über dem Abend. Wir haben eine Ahnung davon bekommen, wie eng Schicksale in unserer Welt zusammenhängen, wie erstaunlich, wie bereichernd, beglückend, wie unentbehrlich der Austausch der Kulturen in Zukunft sein wird – und dass Baden-Baden dafür ein privilegierter Ort ist. Und deshalb lohnt es sich, weiterzumachen, auch wenn aus „Leben – Lesen“ vorerst kein „Megaevent“ mit medialer Schallverstärkung wird.

Herbstnah

Blick über Blumen in den Wald

Abschiedsblüte

Der Wald beginnt nach Sterbenszeit zu duften
Die Blüten nicken Abschied vom Balkon
Im Fernsehn hören wir von großen Schuften
Den kleinen Gangstern geben wir Pardon.

Wir selbst begehen ja nur kleine Morde
Wir spucken ab und zu in ein Gesicht
Wir fühlen uns bestätigt von der Horde
Alleingelassen fühlen wir uns nicht.

Alleingelassen sind wir ganz alleine
Wie nachts ein Kind, des Mutter ging davon
Und nahm die Hand von ihm, die warme, feine
Und sichere Hand und den vertrauten Ton.

Wie welke Blätter sinken unsere Herzen.
Wir fliehn in Lärm und Licht und Witz und Braus.
In kalte Fesseln legt der Herbst das Haus
Und unsere Blicke flackern mit den Kerzen.
Wir sind in Not. Die Fenster werden trübe.
Der Arzt sagt: das sind depressive Schübe.

Lebewohl

Großmutter

Transparenz des Alterns

Die Sonne seh ich wandern durch mein Zimmer
Gesichte, Düfte, Laute lass ich ein
Ins träge, wolkenhafte Einsamsein.
So wünsch ich mir die Sommertage immer.

Im Schatten krummgewachsener Fachwerkgassen
Den Blättern lauschend unterm Lindenbaum
Schmeck ich den kühlen Quell im Fiebertraum
Kann deine weich und rauhe Hand erfassen.

Die Rosenblüten sagen: es ist Zeit
Und Gräser nicken uns ihr Lebewohl.
Was niemals blüht, ist keinem Tod geweiht
In jedem Augenblick ist Ewigkeit
Das Flüchtigste ist unser Ruhepol.

Fortsetzung folgt

Brunnen unterm Lindenbaum im Schwarzwald

Sommernacht - Lesenacht

Allen, die gekommen waren, war’s ein Vergnügen, allen, die mitgeholfen haben, eine gelungene Arbeit. Das „Badische Tagblatt“ bestätigte in einem Artikel am 21.8.  den Veranstaltern den Erfolg. Deshalb wird die Reihe „Leben Lesen“ fortgesetzt mit noch mehr guten Texten von hoffentlich vielen Interessierten Autoren, Geschichtenerzählern, Musikern.
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Leben Lesen am 19.8. 19 Uhr

Literaturabend im Schwarzwald

Jugendzeit und Sommernachtsträume

Der Erinnerung die Zügel lassen, träumen, was war – oder hätte sein können. Das ist der Stoff, aus dem Romane werden.

Wer Lust hatte, Geschichten zu hören, selbst eine Geschichte zu erzählen, war eingeladen zu einem Sommerabend mit Literatur und Musik, umgeben vom schönsten Schwarzwaldpanorama weit und breit. Immerhin 25 Literaturfreunde kamen, darunter der 90jährige Autor Georg Polomski, der mit seinem Humor in Gedichtform und durch eine ansteckend fröhlich vorgetragene Kurzgeschichte die Zuhörer beeindruckte. Gregor Goller las eigene Gedichte; besonnene Poesie wechselte mit Witzigem im Stil von Heinz Erhard.
Die Buchhandlung Wild präsentierte zum Thema passende Bücher; nach der Gesprächsrunde traf sich eine gesellige Runde in den nahe gelegenen „Eckbergstuben“, um weiter zu plaudern.
Der Abend war ein gelungener Auftakt zu weiteren Veranstaltungen dieser Art unter der Überschrift „Leben Lesen“
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Worauf ich mich freue …

Der Verlag macht wieder ein schönes Hardcover – Teil zwei der Reihe.

Aufstiege und Abstürze

Mondlicht und Hexenwerk

Mondlicht und Hexenwerk

Mondlicht und Hexenwerk …
..wieso Männer und Frauen perfekt nicht zueinander passen

Die abenteuerliche Zeit des „Wandels durch Annäherung“

Alles ist möglich: Menschen landen auf dem Mond, zwischen West- und Ostberlin kann man wieder telefonieren, ein Diskus fliegt kilometerweit, ein Deutscher bekommt den Friedensnobelpreis, in einer Thüringer Kleinstadt gibt es das europaweit beste Japan-Restaurant: Anfang der 70er Jahre sprechen viele Zeichen für Aufbruch, Fortschritt – und unbegrenztes Vergnügen bei erotischen Abenteuern jenseits der Familienplanung.

Gustav Horbel aus Lauterberg ist in der Hauptstadt Berlin gelandet, um Physik zu studieren, denn er ist sehr neugierig darauf, was die Welt im Innersten zusammenhält. In Berlins Straßen, in Bars und Theatern, im Thüringer Wald und in den Reichsbahnzügen dazwischen lernt er dann viel mehr darüber als in Labors und Hörsälen. Während er mit Prüfungen an der Universität wenig Scherereien hat, macht er in den Prüfungen des Lebens keine besonders gute Figur, er will einfach zu hoch hinaus. Ob das am Geist dieser 70er Jahre liegt, in denen alles möglich scheint?

Zwischen Traum, Wahn und Wirklichkeit stolpert Gustav durch eine bewegte Zeit. Gott sei Dank nimmt ihn immer wieder jemand bei der Hand, manchmal ein berühmter Mann, manchmal die schönste Frau der Welt.

Probelesen können Sie jetzt schon, „Babels Berg“ erscheint im Herbst 2010 im Salier Verlag Leipzig

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Sommer

Rosenblüte, rot

Blühen und Vergehen

Sommer
Komm, meine Sonne, tränke meine Haut
mit Lichtgefühl, durchdringe meine Lider,
erweck die Düfte aller Sommer wieder
und alle Blüten, die ich je geschaut.

Mach aus der Zeit ein kosmisches Gewebe
und schmilz die Uhren ein zu schwarzem Schaum.
Zieh mich auf deiner Bahn zum Weltensaum,
mach mich zum Augenblick, in dem ich lebe.

Tags: Gedicht,

Windsbraut

Das Gedichtchen stammt aus meiner Studienzeit – Anfang der 70er Jahre in Berlin, als ich sehr verliebt war und verwirrt. Einiges davon findet sich in „Babels Berg“

...was die Welt im Innersten zusammenhält ...

...was die Welt im Innersten zusammenhält ...

Ein Apfelsinenmond lugt zwischen Ästen

Mit Frühlingsahnung kokettiert der Wind

Spielt mit dem S-Bahn-Rattern aus dem Westen

Er wirft mit Staub und macht uns beide blind.

Das schadet nichts, wer küsst braucht nichts zu sehen

Und zaust er unsre Haare noch so sehr:

Nur Wetterhähne lassen leicht sich drehen

Ein Liebespaar verträgt schon etwas mehr.